Es könnte sein, dass Ihnen der Patron des Maison D’Avignon vertraut vorkommt. Tatsächlich gehört Mathias Mercier zu den bekannteren Sommeliers der Stadt, mit ansteckender Begeisterung und charmant französischem Zungenschlag prägte er die Weinkultur von Restaurants wie dem Petit Amour und dem Bianc. Im eigenen Bistro offenbart Mercier jetzt ein weiteres Talent: Der Mann ist auch Koch. Und weil der Weg zum Verständnis von Wein (und auch die Sprache darüber) stets durch die Küche führt, gelingt im Maison D’Avignon die Symbiose der Disziplinen pointiert, dabei unkompliziert und lässig. Im kleinen Restaurant sitzt man aufgeräumt an einfachen Holztischen, das Herzstück ist die alte Bar mit portugiesischen Schmuckkacheln. Die einzelnen Gänge der wöchentlich wechselnden Menüs (4 bis 10 Gänge, ab 65 Euro) sind frei wählbar und nach Voranmeldung auch in vegetarischer Variante verfügbar. Die zugehörige Weinbegleitung (ab 50 Euro) ist eine sorgfältig kuratierte und erhellende Entdeckungsreise durch die französische Weinwelt. Der Chef steht gerade noch selbst in der Küche und zu den Highlights unseres Abends gehörte Merciers Version einer Bouillabaisse, bei der er die klassische Fischsuppe zur intensiv duftenden Sauce reduziert, die den perfekt gegarten Loup de Mer mit Fenchel und gerösteten Calamares rahmt. Und man möchte meinen, der 2021 Châteauneuf du Pape von La Bastide Saint Dominique sei eigens für diesen Gang gemacht. Die salzige Frische und cremige Vollmundigkeit des 2019 Collioure Blanc Armenn der Domaine Vial-Magnères begleitet eine Tarte Tatin mit saftigen Tomaten, Ziegenkäseschaum und hauseingelegten Sardellenfilets. Der annoncierte „French Kiss“ folgt mit Zunge! Die ruht, butterzart konfiert, auf Graupenragout mit dunkler Jus. Und es ist Monsieur Mercier nicht genug zu danken, für die Fortsetzung der französischen Tradition des Käsegangs: schmelziger Langres mit Apfel und Honig, – dazu ein belebend prickelnder Cidre. Der Kirschclafoutis mit Mandeln und Anis, locker gebacken und mit frischer (!) Kirschfrucht angerichtet, ist Kindheitserinnerung und Götterspeise in einem. Merciers Entwurf einer modernen, dabei ländlich verwurzelten Bistro-Küche „Campagnard“ glänzt auch durch Großzügigkeit und wird durch das Doppeltalent des Gastgebers zum ganzheitlichen Vergnügen.
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Ein kulinarischer Tausendsassa: Stevan Paul ist nicht nur gelernter Koch, sondern auch Kochbuchautor, Rezeptentwickler, Foodjournalist und seit Jahren Restaurant-Tester für die SZENE HAMBURG. Der Autor zahlreicher Kochbuch-Bestseller führt mit NutriCulinary eines der meistgelesenen kulinarischen Online-Magazine im deutschsprachigen Raum.