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Ostsee

Das Rumfahrrad: Leidenschaft zum Rumprobieren 

Rumsabbeln, Rumtüddeln, Rumprobieren – Björn Tiedemann alias Captain Björn liebt Rum. Auf seinem umgebauten Drahtesel – dem „RumFahrrad“ – teilt er seine Leidenschaft über Tastings und Geschichten mit den Ostseebesuchenden

31. Mai 2025 von Luca Heinze

Das Rumfahrrad ist ein ehemalige Bäckereirad, was von Captain Björn umgebaut wurde /©Björn Tiedemann
Das Rumfahrrad ist ein ehemalige Bäckereirad, was von Captain Björn umgebaut wurde /©Björn Tiedemann

Wir schreiben das Jahr 1963. Björn Tiedemann, damals vielleicht maximal eine Idee, hat einen Vater, der zur See fährt und mit seiner Mannschaft in der Weltgeschichte unterwegs ist – unter anderem auf Kuba. Da die Liegezeiten immer lang sind, haben sie recht viel Freizeit. Sie entscheiden sich, den Kubanerinnen und Kubanern bei der Zuckerrohrernte zu helfen. Als Dank bekommen sie kubanischen Rum. Diesen bringt er mit nach Hause, der seinen Weg in die heimische Vitrine findet. Viele Jahre später darf sein inzwischen 15-jähriger Sohn diesen Rum probieren und den spannenden Seefahrtsgeschichten seines Vaters lauschen. Der Beginn einer Leidenschaft, die den Sohn ein Leben lang begleiten wird.

Rum als Leidenschaft

In der Neuzeit angekommen, lässt Björn die Liebe zum Rum nicht los. Besonders der schlechte Ruf seiner Lieblingsspirituose beschäftigt ihn. Ein Tag, der alles verändern soll, ist jener, an dem Kollegen ihm ein geführtes Rum-Tasting schenken. Voller Vorfreude geht er in dieses Happening – und wird bitter enttäuscht: Der „Experte“ kippt die verschiedenen teuren Rums runter wie Kurze, erzählt keine Geschichten dazu und beendet das Ganze nach bereits 30 Minuten – und das zum Preis von 50 Euro pro Person. Sich an seinen Vater und die Leidenschaft zum Getränk erinnernd, denkt sich Björn: „Das kann ich besser.“

Von der Idee, mit Menschen Tastings durchzuführen und ihnen die Geschichte und Vielfalt seines Lieblingsgetränks näherzubringen, ist er ganz begeistert. Durch seine langjährige Mitarbeit auf verschiedenen Wochenmärkten, auf denen er Menschen berät und sogar eigene Rezepte mit den Standzutaten vorschlägt, wird ihm klar: Es soll ein Marktstand werden – und zwar ein außergewöhnlicher. Kurze Zeit später entdeckt er ein ehemaliges Bäckereifahrrad und ist sofort schockverliebt. Ein wenig Montage und Feinjustierung später steht es dann: das Rumfahrrad.

Björn Tiedemann führt an seinem Rumfahrrad auch Tastings durch und mixt Cocktails /©Björn Tiedemann
Björn Tiedemann führt an seinem Rumfahrrad auch Tastings durch und mixt Cocktails /©Björn Tiedemann

Segel setzen in Richtung Wochenmärkte

Im Alias „Captain Björn“ macht er sich mit viel Equipment, Rumsorten, Büchern und Ekstase auf zu den Märkten rund um die Ostsee. Dort fängt er an – wie er selbst berichtet – die Leute einfach vollzuquatschen. Ihnen die Geschichte des Rums zu erzählen, die große Diversität an Sorten näherzubringen und damit die Meinung der Menschen zum Rum zu ändern. „Viele kommen, weil sie das Fahrrad so toll und spannend finden. Mit meiner Vorstellung und dem Tasting sorge ich bei den Leuten für ein richtiges Erlebnis. Das ist für mich das Schönste“, erzählt er. Und alles am Rumfahrrad trägt zu dem Erlebnis bei: verschiedene Dekoartikel, Bücher, Utensilien zur Herstellung und – selbstverständlich – der Rum selbst, in vielen verschiedenen Ausführungen. Bis zum Sommer möchte er 25–30 verschiedene Rums anbieten, die er vor Ort auch zu selbstkreierten Longdrinks mixt.

Der Captain, der hauptberuflich eigentlich im Marketing- und Pressebereich tätig ist, macht das Ganze rein als Hobby. „Ich mache das wirklich nur aus Spaß und Hingabe zum Rum. Alles, was ich dran verdiene, investiere ich sofort wieder ins Fahrrad“, stellt der 50-Jährige klar. „Ich bin jedes zweite Wochenende auf Märkten und Veranstaltungen – und das auch nur zur Saison bis Oktober. Es wird auch keinen Online-Shop oder Ähnliches geben. Mir ist nur wichtig, dass meine Gäste ein klein wenig was von der Erfahrung mit nach Hause nehmen.“

Seefahrtromantik passt zur Ostsee

„Der Standort an der Ostsee ist ideal. Der offensichtliche Bezug zum Maritimen, aber auch die Umgebung schafft eine gute Grundstimmung. Die Leute sind im Urlaub und daher von vornherein gut drauf und nehmen sich richtig Zeit für mich.“ Auch die Kritikerinnen und Kritiker versucht er abzuholen: „Mir ist auch klar, dass das nicht für jeden was ist. Viele finden Rum zu sprittig oder kennen nur den günstigen aus dem Supermarkt. Das ist so schön: Wenn sie eigentlich vorher keine Fans sind und ich dann die Worte ‘Hätt ich das gewusst, dass Rum so lecker ist’ höre, geht mein Herz auf. Die Menschen sollen den Mut haben, die Vielfalt von Rum zu entdecken. So ein besonderes Getränk mit einer besonderen Geschichte.“

Als ganz heißen Tipp für alle kritischen Stimmen verrät er: „Wem Rum mal zu doll ist, kann einfach zwei, drei Tropfen Wasser hinzufügen. Damit rückt der Alkoholgeschmack etwas in den Hintergrund, aber der Geschmack bleibt erhalten.“ Alle zwei Wochen ist Björn Tiedemann mit seinem Rumfahrrad auf den Märkten an der Ostsee anzutreffen und überzeugt immer mehr Leute von seinem Lieblingsgetränk. Wer das auch mal versuchen möchte, sollte also nicht lang (rum)überlegen.

Captain Björn zaubert mit seiner guten Laune seinen Gästen immer ein Lächeln ins Gesicht / ©Björn Tiedemann
Captain Björn zaubert mit seiner guten Laune seinen Gästen immer ein Lächeln ins Gesicht / ©Björn Tiedemann
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Luca Heinze liebt die Hamburger Barszene. Ob spritziger Moscow Mule oder süffiges Helles vom Fass: den ehemaligen Barchef findet man an vielen Tresen. Zum Essen darf es für den gebürtigen Hamburger am liebsten vietnamesisch sein.