Herausragende Nachhaltigkeit wurde die vergangenen fünf Jahren vom Guide Michelin mit einem Grünen Stern ausgezeichnet. Sechs Hamburger Restaurants durften sich zuletzt über diese Auszeichnung freuen. Doch jetzt wurde der Stern von der Website des Guide Michelin gestrichen – kommentarlos. Zeik, Landhaus Scherrer, Heimatjuwel und Co. sind auf der Seite des Restaurantführers nun „nur noch“ mit einem klassischen Stern ausgezeichnet.
Fünf Jahre lang wurden Restaurants auf der ganzen Welt mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Zuletzt waren es 659 Restaurants. Das Klinker in Harvestehude war eines der Restaurants, das diesen Sommer mit dem Nachhaltigkeitspreis geehrt wurde. Zwar haben sich Aaron Levi Hasenpusch und sein Team sehr über die Auszeichnung gefreut, doch schon damals hat der Gastronom Kritik an dem Preis geäußert: „Wie wir wirklich arbeiten, wurde nicht getestet. Ob wir nachhaltig sind, wo wir unsere Produkte beziehen, das wurde nie kontrolliert“, so Hasenpusch. Heute findet man das Klinker zwar noch auf der Seite des Guide Michelin, jedoch ohne jegliche Auszeichnung.
Vielleicht ist der Verlust des Grünen Sterns das ehrlichste Nachhaltigkeitssiegel überhaupt.
Fabio Haebel über LinkedIn
Auch Fabio Haebel kritisiert die fehlende Transperenz des Grünen Sterns. Der Inhaber des Haebel auf St. Pauli teilt über seinen LinkedIn-Account: „Für uns hat [der Stern] Sichtbarkeit geschaffen und Menschen ins Restaurant gebracht, die bewusst genießen wollten. Trotzdem war die Kritik am System berechtigt. Eine tiefgehende Prüfung, ob Betriebe tatsächlich nachhaltig arbeiten, fand oft nicht statt.“ Und er ergänzt: „Vielleicht ist der Verlust des Grünen Sterns das ehrlichste Nachhaltigkeitssiegel überhaupt, weil wir nicht mehr auf Etiketten hoffen, sondern einfach das Richtige tun.“
Auf Nachfrage beim Guide Michelin kommt die Antwort: „Seit seiner Einführung im Jahr 2020 wächst der MICHELIN Green Star stetig. Heute zeichnet er Köche aus, die mit innovativen Praktiken inspirieren und eine nachhaltigere Gastronomie vorantreiben. Im digitalen Bereich werden diese Initiativen weiterhin prominent auf den Seiten ausgewählter Betriebe präsentiert. Gleichzeitig werden mehrere Funktionen neu gestaltet, um die Benutzererfahrung kontinuierlich zu verbessern – wie es bei jedem sich entwickelnden digitalen Produkt der Fall ist. Schon bald werden die Website und die mobile App diese Gemeinschaft von Köchen und ihre Verpflichtungen noch stärker hervorheben und damit die Dynamik des Michelin Guides zur Förderung gastronomischer Übergänge fortsetzen.“
Standard statt Besonderheit
Heißt so viel wie: Der Grüne Stern wird zwar nicht mehr direkt vergeben und nicht mehr auf der Website gelistet, doch verschwindet er nicht gänzlich aus dem Guide-Michelin-Universum. Geht man auf den Eintrag zum Klinker auf der Seite des Guide Michelin, findet man hier noch das grüne Kleeblatt und einhergehend einen Hinweis auf die nachhaltige Arbeitsweise in dem Restaurant vom Küchenchef selbst. Hasenpusch: „Es gibt Gäste, die sich explizit darüber informieren, welche Restaurants nachhaltig arbeiten. Wenn man das jetzt nicht mehr filtern kann, ist das für uns natürlich sehr ärgerlich. Aber unser Restaurant lief gut davor und läuft weiterhin gut. Wir sind sehr dankbar für die Auszeichnung.“ In den letzten Monaten wurde das Restaurant der strengen Prüfung der Sustainable Restaurant Association unterzogen, hier sieht Hasenpusch den richtigen Weg, nachhaltiges Arbeiten in der Gastronomie zu würdigen.
Während der Guide Michelin Verleihung in der Schweiz am 20. Oktober bekräftigte die Moderatorin: „Der Grüne Stern solle nicht als eine Bewertung wie der Rote Stern verstanden werden, er sei weder ein Label noch eine Umweltzertifizierung. Er solle als Ermutigung dienen, den Dialog zwischen Köchen zu verstärken, zu inspirieren und die Rolle der Restaurants und der Branche als Ganzes in der Zukunft zu definieren.“ Also steht der grüne Stern als Ermutigung, um die Zukunft der Gastronomiebranche weiter im Sinne der Nachhaltigkeit zu formen. Oder, weil Nachhaltigkeit heute eben längst zum Alltag vieler Restaurants gehört. Ein Großteil der hiesigen Gastronominnen und Gastronomen setzt zwar immer noch auf verantwortungsbewusstes Arbeiten in der Küche, stellt es aber nicht mehr zur Schau. „Am Ende sollte jeder und jede so arbeiten, dass es unserer Welt nicht schadet, sondern sie besser macht“, so einer der Hamburger Sterneköche. Fakt.