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Bären-Treff

„Gummibärchen wurden salonfähig“

Der Bären-Treff in Ottensen bietet über 130 Sorten Fruchtgummis – süß, salzig und saisonal. Inhaber Sven Fechner betreibt seinen Laden seit über 25 Jahren. Ein Interview über die Anfänge, die Süßware und Zukunftsaussichten

19. März 2024

AnzeigeSven Fechner versorgt Ottensen mit leckeren Fruchtgummis / ©Bären-Treff
Sven Fechner versorgt Ottensen mit leckeren Fruchtgummis / ©Bären-Treff

Sven Fechner, wer bei dir einkauft, darf vorher probieren. Wie viele Fruchtgummis gehen dafür drauf?

Sven Fechner: Pro Tag etwa fünf Kilo. In den über 25 Jahren habe ich schon einige Tonnen verschenkt. Das sind Basics, an denen ich nicht rütteln werde. Das bleibt so. Denn daran erinnert man sich von Generation zu Generation.

Wie bist du zum Geschäft mit den Gummibären gekommen?

Ich hatte in der Presse gelesen, dass es in Aschaffenburg einen Gummibärchen-Laden gibt. Ich fand die Idee genial, also rief ich dort an und sprach mit Peter Mohr, den Bären-Treff-Gründer und damaligen Inhaber des Ladens in Aschaffenburg. Wenig später trafen wir uns auf einem Rastplatz zwischen Bremen und Osnabrück, um einander kennenzulernen. Anschließend lud er mich zum Praktikum ein.

Wie ging es dann weiter?

Im Sommer 1998 war ich ein paar Tage in Aschaffenburg. Damals war ich ein 20-jähriger Bub und hatte gerade erst meine Lehre zum Kaufmann im Einzelhandel fertig. Peter fragte mich, ob ich einen Laden in Norddeutschland eröffnen möchte. Ich sagte: „Ja“ und so gingen wir auf Ladensuche. Hier, in Ottensen, wurden wir dann fündig. Das war früher ein Comicladen – und eine ziemliche Bruchbude. Wir mussten den Laden kernsanieren. Im November ’98 folgte die Eröffnung des ersten norddeutschen Bärchenladens.

Was hat sich über die Jahre verändert?

Seit 2004 sind wir ein Familienbetrieb und ich betreibe den Laden mit meiner Frau Ariane zusammen. Ihre Leidenschaft sind die ganzen individuellen Geschenkideen zu fertigen. Fruchtgummi-Pizza mit Name oder Zahl drauf, Torten, Hamburger, Cupcake … für jeden Anlass ist was dabei. Geburtstag, Hochzeit, Enweihnungsfeier, ja sogar zur Berdigung mussten wir schon eine Pizza legen. Darauf haben wir dann „Ende“ geschrieben. Tage danach kamen dann noch die Hinterbliebenen zu uns und haben sich dafür bedankt. Verrückt. (lacht) Das Sortiment hat sich auch verändert: Damals hatte ich 30 Sorten, heute über 130. Für alle ist etwas dabei – egal ob jemand Vegetarier, Veganer,  laktose-, glutenintolerant ist oder Neurodermitis, Diabetes oder Sonstiges hat. Unser Hersteller ist der erste, der ohne Palmöl herstellt. Das alles unterscheidet unsere Produkte von der industriell hergestellter Discounterware.

Würdest du bei einer Blindverkostung den Unterschied schmecken?

Ja. Bei unseren Erdbeergummibärchen ist zum Beispiel Erdbeersaft und pürierte Erdbeere drin. Es riecht richtig danach, im Licht sieht man die pürierten Früchte.

Auf euren Produkten steht häufig „Fruchtsaft“. Ist das eine Besonderheit?

In Deutschland darf man das Wort „Fruchtsaft“ nur verwenden, wenn in einem Produkt mehr als zehn Prozent Fruchtsaft drin sind. Das ist ein Wert, den Discounterware oft nicht erreicht. Deswegen schreiben sie nicht Fruchtsaft drauf, ihr Wert liegt weit darunter. Unsere Ware hat teilweise einen Fruchtsaftanteil von bis zu 27 Prozent. Das hat den Vorteil, dass die Fruchtgummis weicher sind wegen des höheren Fruchtsaftanteils. Das sind Merkmale, die uns auszeichnen.

Hat das Nachteile bei der Haltbarkeit der Gummibärchen?

Nein. Der Gesetzgeber fordert eine Haltbarkeit von 450 Tagen bei Fruchtgummis. In fast allen unseren Fruchtgummis verzichten wir auf künstliche Farbstoffe, Konservierungsstoffe und Emulgatoren. Das schaffen wir alles mit natürlichen Zutaten.

Gibt es noch weitere gesetzliche Vorgaben bei Gummibärchen?

Zuckerfreie Gummibärchen dürfen laut EU-Gesetz nur in 250 Gramm-Packungen verkauft werden. Da ist Süßstoff drin, der hat nicht den allerbesten Ruf. Süßstoff wird vom Körper unverdaut ausgeschieden. Nimmt man Süßstoff auf, bekommt man Hunger. Der Körper muss zudem mehr Energie aufwenden, als wenn er Zucker zersetzt.

Wie viele Bären-Treff-Filialen gibt es mittlerweile?

Bundesweit gibt es ungefähr 80 – inklusive Österreich und der Schweiz. In Hamburg gibt es zwei weitere Standorte. Es gibt einen richtigen Bärchen-Tourismus in Hamburg. Es ist faszinierend, dass die Leute für ein oder zwei Tüten quer durch Hamburg fahren.

Wann ist der Bären-Treff deutschlandweit expandiert?

In den 2000ern hat der Gründer, Peter Mohr, weitere Läden eröffnet. Die Geschäfte waren stets inhabergeführt, das war ihm sehr wichtig. Einige, die damals zu uns gekommen sind, waren Anfang 50, vom Angestellten bis zu Akademiker. Sie wollten im zweiten Berufsweg etwas anderes machen. Wir hatten täglich bis zu einem Dutzend Bewerbungen. Man kam gar nicht mehr hinterher.

Wie ist das heute?

Jetzt, 20 Jahre später, gehen auch Gummibärchen mal in Rente. Leider lässt sich nicht immer ein Nachfolger oder Nachfolgerin finden. Unsere Läden laufen gut, aber leider trauen sich zurzeit weniger Menschen in die Selbstständigkeit. Natürlich gehört Mut dazu, seinen Job aufzugeben und in die Selbstständigkeit zu gehen, aber es lohnt sich.

Wie geht ihr damit um?

Wir sind immer auf der Suche nach neuen Partnern. Heute ist der Weg aus meiner Erfahrung zum eigenen Laden so viel einfacher geworden als vor 20 Jahren, weil nun das Background-Wissen vorhanden ist. Auch schauen wir uns an, ob eine Art Shop-in-Shop-System in kleineren Orten in Frage kommen könnte, wenn dort ein Einzelhändler Interesse am Bären-Treff bekundet.

Haben sich die Kunden und ihre Wünsche in den letzten Jahren verändert?

Gummibärchen wurden salonfähig. Vor 20 Jahren hat man eher Chips zu Partys mitgenommen. Heute ist der allgemeine gesunde Trend eingezogen. Das ist unser großer Vorteil. Die Leute kaufen gesundes Naschwerk – und genau das bieten wir. Zudem ist unser Produkt universell einsetzbar. Am Valentinstag gibt es die Herzchen. Wir können aber auch spontan auf Sachen reagieren – entweder haben wir bereits ein fertiges Produkt oder wir machen eine Mischung zu einem Thema. So schnell kann kaum ein anderer reagieren. Während Corona war zum Beispiel die Corona-Spitztüte hier in Ottensen der totale Hit.

Wie schnell könnt ihr neue Gummibären entwickeln?

Unsere Fruchtgummis werden in Bayern hergestellt. Von der Idee zur Fertigstellung dauert es bis zu drei Jahre. Wenn man etwas neu entwickelt, muss man sicherstellen, dass sich die Fruchtsäfte auch über den langen Zeitraum von den 450 Tagen halten. Deswegen nimmt man immer wieder Proben.

Woher stammen eure Ideen zu neuen Kreationen?

In der Regel kommen die Ideen von den Kunden. Wir sammeln diese. In Norddeutschland wird mehr Lakritz gegessen als im Süden. Deswegen habe ich hier das handgemachte Lakritz von Klepper & Klepper. Wir haben Schokoladen-Lakritz, Chili-Lakritz, salziges Lakritz. Im Süden hingegen mag man eher saure Sachen. Wir hatten hier auch schon Basilikum-Tomate-Gurke, die sind aber – warum auch immer – gefloppt. (lacht)

… der eine Kunde hat sich vielleicht darüber gefreut.

Ja, der hat sich vielleicht gefreut. (lacht) Wir hatten hier auch schon Möhren als Gummibärchen-Form. Es gab schon viele schräge Sachen. Rund 25 bis 30 Produkte sind bei uns saisonal: Im Winter die Glühweinsterne, zu Ostern die gefüllten Eier, zum Schulanfang die Buchstaben und Zahlen, zu Halloween die Gruselmischung. Jedes Jahr verlassen etwa eine Handvoll Produkte das Sortiment. Genauso viele kommen auch neu hinzu.

Welche kommen dazu?

Wir haben in letzter Zeit viele vegane Fruchtgummis entwickelt. Das Thema ist der totale Trendsetter. Hier in Ottensen lebt die höchste Anzahl von Menschen, die Vegetarier und Veganer sind – 38 Prozent. Das schlägt sich bei uns natürlich komplett nieder.

Welche Gummibärchen isst du am liebsten?

Ich esse am liebsten unsere Gehirne. Die haben eine Fruchtfüllung aus Erdbeersaft drin. Außerdem bin ich totaler Lakritz-Liebhaber. Sonst esse ich unheimlich gerne die Matcha-Gummibären, das ist eines meiner absoluten Highlights. Was außerdem immer geht, ist die Hamburg-Mischung, mit Schiffen, Leuchttürmen und Heringen.

Wie viele Gummibärchen isst du im Schnitt?

In der Woche esse ich etwa ein Kilo Gummibärchen. Ich sitze direkt an den Probiergläsern, da verschwindet natürlich auf unerklärbare Art und Weise auch das eine oder andere Gummibärchen in meiner Backentasche. (lacht)

Bist du jeden Tag im Laden?

Grundsätzlich bin ich an fünf Tagen hier im Laden anzutreffen. Das ist ein Treff, manchmal ein Gesellschaftstreff, manchmal ein Nachbarschaftstreff. Ich mache es gerne und es macht sehr, sehr viel Spaß.

Hast du über die Jahre Spitznamen erhalten?

Ja, ich bin der Gummibärchen-Dealer oder der Gummibärchen-Mann. Mir ist es tatsächlich auch mal passiert, dass ich in die Sauna ging und auf einmal brüllt da einer: „Du bist doch unser Gummibärchen-Mann!“ Als wir aus der Sauna rausgingen, hat er tatsächlich die Extra Saure Mischung aus seiner Tasche gezogen und mir erst mal Gummibärchen angeboten, die er zwei Tage zuvor gekauft hat.

Gibt es auch die eine oder andere Geschichte, die sich im Shop abgespielt hat und im Kopf geblieben ist?

Eine Geschichte habe ich tatsächlich: Als es hier mal proppenvoll drin war, haben sich zwei Menschen, die in der Schlange standen, an der Kasse kennengelernt. Einige Jahre später sind sie dann mit Kinderwagen hier vorbeigezogen und erzählten, dass sie sich hier kennengelernt haben. Das freut mich, solche Geschichten zu hören.

Auch im Angebot: Lakritz / ©Bären-Treff 
Auch im Angebot: Lakritz / ©Bären-Treff 
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