Anleger 1870

Der am ganzen Leib vor Aufregung zitternde junge Mann mit dem Rosenstrauß im Häuschen nebenan ist der beste Beweis dafür, dass es in Uhlenhorst von Herbst bis Frühjahr nichts Romantischeres geben kann als die voll verglasten Separees des Italo-Fine-Diners Anleger 1870. Wo im Sommer eine der schönsten Terrassen direkt am Alster-Wasser des Mundsburger Kanals den Blick auf den Sonnenuntergang hinter der Schwanenwikbrücke gewährt, sorgen im Rest des Jahres acht gut beheizte Glaskuben für Intimität mit zwei bis acht Sitzplätzen. Kaum hat uns der flinke Service eine bezahlbare Flasche fruchtigen Pinot Grigio (31,50 Euro) von der kleinen, aber kundig bestückten Weinkarte samt Ciabatta und Orangenbutter gebracht, trifft endlich die Angebetete beim bangen Nachbarn ein – wenn da nicht mal um die Hand angehalten wird. Unser 17-Uhr-Slot geht bis 19 Uhr. Unser Tipp: unbedingt Wochen vorher reservieren, oder im urigen Gewölbe-Gastraum speisen. Erst mal das zartrosa Vitello tonnato und meinen Antipasti-Teller (je 19,50 Euro) von der so überschaubaren wie mundwässernden Speisekarte genießen. Letzterer ist üppig bestückt mit Tatar vom Lachs und von der Paprika, Caprese-Spieß, Aubergine, gratiniertem Ziegenkäse und Vitello. Alles superfein, bis auf einen unkaubaren Kürbis-Chip, und fast so raffiniert komponiert wie die nach einem Päuschen folgende Maispoulardenbrust mit Tomatenpesto-Füllung auf Ingwer-Möhren und Steinpilzrisotto (33,90 Euro), gegen die meine Penne mit zarten Rinderfiletspitzen und leider wenig Trüffelsoße (27,90 Euro) doch ein wenig abstinken. Trotz großzügiger Portionen passt noch ein geteiltes, sahnemächtiges Tiramisu vor den strammen Espresso (9,90/3,50 Euro). Angesichts des jungen Glücks nebenan, das gerade Arm in Arm eine Armada von Herz-Luftballons die steile Treppe zur Straße hochträgt, beschließen wir, demnächst noch ein drittes Mal zu heiraten. Am liebsten im Glashaus. 

PESI